Westerwelle hin oder her … auf dem Spiegel habe ich gerade einen Artikel über „Gleiches Geld für alle“ oder auch Grundeinkommen gelesen. Auf den ersten Blick ja eine absolut schwachsinnige Idee. Statt Arbeitslosengeld, Hartz IV, Wohngeld, Kindergeld, Renten, etc einfach mal jedem Menschen monatlich einen festen Betrag auszahlen, egal wer es ist oder wie die Umstände sind.
Auf den zweiten Blick leider auch, denn wie sich so etwas finanzieren können soll ist mir nicht ganz klar. Die Einnahmen des Bundes sind jährlich knapp 270 Milliarden Euro (PDF), selbst wenn man das komplett auf 80 Millionen Bundesbürger verteilt kommt man doch nur auf 281 Euro pro Kopf. In Wahrheit wird es aber etwas unter der Hälfte davon sein, da es ja noch andere Ausgaben gibt. Kann man bei 140 Euro also von einem Grundeinkommen reden? Oder steigen durch so ein Vorhaben auf magische Art und Weise die Steuereinkünfte?
Dann müsste man noch beachten, dass von diesem Grundeinkommen ja immer noch Kranken- und Rentenversicherung abgehen müssten. Und bestimmt gibt es da auch noch viele andere Faktoren oder anders gesagt: ich habe keine Ahnung. Im Wikipediaartikel zum bedingungslosen Grundeinkommen steht etwas von derzeitigen Ausgaben von über 730 Milliarden, darin eingeschlossen Krankenversicherung und Rentenversicherung. Dann könnte es fast klappen. Bis 18 bekommt man etwas weniger und darüber wohl um die 800 Euro. Davon abzuziehen ist dann nur noch die Krankenversicherung … 15%? Geht das so einfach?
Wie auch immer, ich finde die Idee verlockend. 2006 hatte Herr Althaus scheinbar mal so eine Idee vorgeschlagen. Als Anreiz sich dann doch einen Job zu suchen gab es interessantes Steuermodell. 800 Euro Grundeinkommen abzüglich 200 Euro Versicherung, ergibt 600 Euro monatlich. Wer dann für 200 Euro arbeiten geht bekommt das zu 50% besteuert und erhält 700 Euro. Wer für 2000 Euro arbeiten geht bekommt das zu 25% besteuert und erhält weniger Grundeinkommen. Übrig bleiben 200 Euro plus 1500 Euro, also 1700 Euro. Bei 10000 Euro Einkommen bleiben dann noch 7700 Euro übrig.
Über die Steuersätze kann man ja streiten, aber dadurch gäbe es ja immerhin einen Anreiz zu arbeiten, da man dadurch ja auch bei geringen Einkünften (sagen wir mal als studentische Aushilfe) seinen Kontostand verbessern kann. Ich fänd’s gut. Weg mit den Steuerfreibeträgen und Tricks! Pauschale Besteuerung und pauschales Grundeinkommen her und alles wird gut ;-)
Was meint ihr dazu?
Kommentare
12 Antworten zu „Grundeinkommen für alle?“
Wie teilst du denn 270 Milliarden auf 80 Millionen auf und kommst dabei auf 281?
Bei mir wären das 3375.
Mein Anreiz zu arbeiten ist, dass ich meine Tage sinnvoll verbringe, gesellschaftlich eingebunden und respektiert bin. Und naja, gut Geld ist auch nett. Ich steh aber nicht morgens auf und denk: Heute muss ich wieder Geld verdienen. Ich denke die meisten Leute, die heute nicht arbeiten, würden das auch gerne. Als es eine Mio Arbeitslose gab, galten die als Opfer der Wirtschaftskrise in den 70ern. Heute haben wir 3 Mio Arbeitslose und die sollen alle zu faul sein? Das wird immer nur von den Konservativen unterstellt.
Der Spiegel-Artikel beklagt die vielen verschiedenen Transfereinkommen. Die haben aber oft auch ihren Grund: Wohngeld hat irgendwann den sozialen Wohnungsbau ersetzt, weil man meinte, dass die Privaten besser für Wohnungen sorgen können. Statt es Leute also durch günstige Mieten zu ermöglichen Herr ihrer eigenen Miete zu sein, müssen die Menschen heute beim Amt dazubetteln.
Außerdem sind nicht alle Menschen, die nicht arbeiten überhaupt in der Lage zu arbeiten. Und ob Du von 800,-EUR leben kannst, wenn Du behindert bist, wage ich zu bezweifeln.
Und dazu noch die Idee der Flattax – alle bezahlen den gleichen Steuersatz. In Deutschland gilt ja immer als gerecht, wenn alle das gleiche haben. Das stimmt hier aber nicht. Das Land ermöglicht es ja Menschen mit hohen Einkommen auch, überhaupt so ein hohes Einkommen zu haben. Sie hatten hier eine gute Ausbildung und die Infrastruktur, die es irgendwem ermöglicht, die Leute hoch zu bezahlen. Da können diese Menschen auch einen verhältnismäßig höheren Anteil ihres Einkommens abgeben. Und die meisten Menschen mit höherem Einkommen haben damit ja heute nicht einmal ein Problem. Das wird immer nur behauptet von der demokratischen Rechten.
Ja. Es muss sich etwas ändern im Sozialsystem. Das war aber auch schon klar, bevor Westerwelle angefangen hat zu hetzen.
bitte mal reinschauen … http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltexte/documents/2784
S.144 ff
„Die Bruttokosten für die Finanzierun¤ eines Grundeinkommens erscheinen auf den ersten Blick enorm hoch und nicht finanzierbar (siehe Tabelle 1). Ein Grund- einkommen in durchschnittlicher Sozialhilfehöhe (ca. 650 =C im Monat), das an die Gesamtbevölkerun¤ in Deutschland aus¤ezahlt würde, würde ca. 625 Mrd. =C pro Jahr kosten“
…. „Diese Zahlen scheinen insbesondere im Ver¤leich zu den derzeiti¤en Einnah- men aus der Einkommenssteuer (etwa 180 Mrd.=C) oder zum Bundeshaushalt (ca. 260 Mrd.=C) jenseits realisierbarer Größenordnun¤en.“
… „Bei den ¤enannten Kosten handelt es sich allerdin¤s um den Bruttoaufwand. Dem ist ¤e¤enzurechnen, dass die meisten steuerfinanzierten staatlichen Transfers und die Grundfreibeträ¤e im Steuerrecht we¤fallen könnten. Außer- dem ist zu berücksichti¤en, dass die Sozialversicherun¤sleistun¤en, vor allem die ¤esetzliche Rente und das Arbeitslosen¤eld I, die nicht durch Steuern finan- ziert werden, entsprechend reduziert werden könnten. Die entscheidende Fra¤e ist deshalb letztlich, wie hoch der Steuersatz t sein müsste, um ein Grundein- kommen zu finanzieren.“
…“Oben wurde bereits ar¤umentiert, dass bei Einführun¤ einer BIFT im Prinzip das ¤esamte Einkommen besteuert werden kann. Da jedes Einkommen direkt bei der Entstehun¤ mit einer Quellensteuer bele¤t wird, kann die Bemessun¤s- ¤rundla¤e also im Optimum die Gesamtheit aller erfassten Einkommen sein. Würde das ¤esamte Volkseinkommen, das Nettosozialprodukt, das etwa 1600 Mrd. =C beträ¤t“
>Und dazu noch die Idee der Flattax – alle bezahlen den gleichen Steuersatz. In Deutschland gilt ja immer als gerecht, wenn alle das gleiche haben. Das stimmt hier aber nicht.
Und Spitzenverdiener haben heute schon niedrigere prozentuale Besteuerung als Gutverdiener.
>Wie teilst du denn 270 Milliarden auf 80 Millionen auf und kommst dabei auf 281?
Bei mir wären das 3375.
/12 weil montalich nicht jährlich.
Allerdings liegt in der Mehrkauftkraft der enormen Unter- sowie Mittelschicht ein erhebliches Mehreinnahmepotenzial, besonders in Modellen mit analoger Veränderung der Konsumsteurer zum größten Steuerpunkt in der Produktionskette.
Und was sind 3375 Euro auf 12 Monate verteilt? Richtig, 281 Euro.
@Robert:
Die Arbeitslosen sind bestimmt nicht faul, nicht alle. Aber ich kann schon verstehen, dass es ein Problem ist einfach mal Dinge auszuprobieren, wenn man fast keine Mittel hat und man auch keine große Lust auf einen Aushilfsjob hat, wenn man danach nicht mehr Geld zur Verfügung hat. Aber um die Leute geht es ja gar nicht hier … es geht um alle. Wenn alle einfach so 600 Euro im Monat zur Verfügung hätten, dann kann ich mir schon vorstellen, dass sich einiges ändert. Ein Behinderter mag davon nicht leben können und jemand, der frisch arbeitslos geworden ist und das schon mindestens für seine Miete ausgibt, sicher auch nicht. Dafür mag es Pläne geben, ich weiß es nicht … aber die Idee hat doch was, oder nicht?
Pauschale Steuersätze sind das auch auf diesem Weg nicht. Schau dir mal an was welche Einkommensschichten effektiv für Steuersätze haben: http://www1.bpb.de/wissen/I1WQ8G,0,0,Einkommensteueranteile.html
23,8% zahlt jemand aus den oberen 10% der Bevölkerung im Schnitt an Steuern und trotzdem tragen sie damit über die Hälfte der Steuerlast. Mit diesem Althaus Modell – ich habe es mal in Excel übertragen – wären die Steuersätze für alle effektiv höher und viel einfacher zu berechnen. Eine ganzer Beruf könnte aussterben und viel Geld für Verwaltung gespart werden. Aber solche Änderungen sind eben zu radikal, als dass man es eben mal ausprobieren könnte. Schade eigentlich …
@Riptide:
Was willst du damit sagen? Die Einkommenssteuer reicht nicht aus, aber sie reicht trotzdem aus? Hä? Wie hoch müsste der Steuersatz denn sein um ein Grundeinkommen für alle zu finanzieren? Wie sähe der perfekt funktionierende Staat mit einem solchen System und ohne komplizierte Regeln aus?
Ach und ich hab den steuerfreibetrag ja noch ganz vergessen.
Diesen ersetzt das BGE nämlich->noch mehr einnahmen.
Ausserdem muss man auch mal das system in sichselbst rechnen.
Jeder bekommt x för das existenzminimum.
mit einer steuer die 50% des produktpreißes ausmacht, bekommt der staat 1/2x also automatisch zurück.
Nun stellt sich die frage, was passiert mit der anderen hälfte, die ja als mehr an alle beteiligten zwischen produktion und wertschöpfung fliest. Da man geld nicht essen kann, werden sie es investieren oder sonstwie kurz bis langfristig verwerten. also 1/4x an den staat. Und so weiter.
In einem geldkreißlauf nur aus Bürgern und Staat, und dem Geld welches der Staat anfangs zur verfügung stellt gibt es keine inflation/deflation, sollange man sein geld ausgeben kann, bzw tatsächlich ausgibt.
Auch wenn der staat jeden monat aufs neue die existenz sichert, denn er nimmt ebensoviel Geld ein wie er ausgiebt.
Und wenn der staat extra geld für bauvorhaben/etc ausgiebt fliest dieses geld zu den bürgern welches wiederum zum staat fliest.
Nun ist unsere marktwirtschaft ja bekanntermaßen global und nicht geschlossen.
Ausländische produkte importieren heißt, die im ausland in der produktion erhobenen steuern mitzahlen+die inlandssteuern(+produktpreiß natürlich). Hierbei fliest überduchschnittlich viel geld für die individuelle transaktion an den staat, aber auch geld aus dem kreißlauf ins ausland. Umgekehrter effekt bei exporten. Glüklicherweiße exportiert deutschland ja erheblich mehr als es importiert, aber hey, der bereich muss durchdacht werden. Jedenfalls ist mir das jetzt zu kompliziert und ich hab eh keine ahnung.
Ich will damit sagen, dass du nicht einfach den Bedarf aller Bundesbürger hochrechnen und den Steuereinnahmen des Bundes gegenüberstellen kannst. Hier wäre die Bemessungsgrundlage das Nettosozialprodukt (angbelich ~1600 Mrd.). Naja schau ruhig mal rein in den Artikel, dort werden auch noch andere Infos zur Finanzierung gegeben. Klar sollte sein, dass niemand eine definitive und endgültige Finanzierungsgegenrechnung aufbauen kann, da man schlichtweg nicht weiss wie ein solcher Paradigmawechsel das Verhalten der Menschen und die Finanzströme beinflussen wird.
Aber man kann ja versuchen Größenordnungsmäßig zu überschlagen.
Was ein BGE ja erst ermöglicht ist unsere heutige Überflussgesellschaft. Es geht um die Verteilung dessen was eh schon existiert.
Ich kann dir nicht sagen wie der perfekt funktionierende Staat aussieht. Das Thema BGE ist ein komplexes das alle gesellschaftlichen Bereiche tangiert. Daher ist es wünschenswert sich mal ausführlicher mit dem Thema zu befassen, über einfache Zahlenspiele hinaus hin zu Wirkungsmechanismen. Wir brauchen uns ja nichts vorzumachen, unser System ist in seiner jetzigen Ausgestaltung eindeutig nicht zukunftsfähig. Ich denke ein BGE ist Teil eines Lösungsansatzes der uns als Gesellschaft wieder in Richtung einer erstrebenswerte Zukunft ausrichtet. Es gibt viele „seriöse Stimmen“ die sich mit einem BGE befassen. Ich lade auch dich ein, dich dem Thema etwas tiefgründiger zu widmen …
insb dieser Film sollte eine solide Einstieg sein. http://www.kultkino.ch/media_player_grundeinkommen/index.html
http://www.grundeinkommen.de/
http://aktuelles.archiv-grundeinkommen.de/
http://www.basicincome.org/bien/
http://grundeinkommen.tv/blog/
Ich bin klar gegen das Grundeinkommen!
Ich bin klar für das Grundeinkommen!
Für das Grundeinkommen sind wahrscheinlich nur die, die nicht arbeiten wollen und dafür Geld bekommen wollen ;-)
Ein Freund von mir hatte dazu mal einen interessanten Podcast produziert, bei dem es in den Kommentaren auch heiß her ging: http://www.radio-g.net/radio-g-158-grundeinkommen.html
Und ich bin klar gegen Werbung für blöde Kreditportale [Kommentarlink gelöscht]
Hi Eric,
das Problem ist doch aber, dass diese Leute bereits Geld bekommen, ihre Wohnung bezahlt wird, etc pp … tausende Zusätze und absolut undurchsichtig. Ein Grundeinkommen mit der Möglichkeit dazuverdienen zu können klingt da für mich interessanter. Für Menschen mit Arbeit – egal wie hoch oder niedrig der Lohn – ist das dann ja eh nur etwas ähnliches wie der bisherige Steuerfreibetrag.
Grüße
P.S.: „You have what it takes“ … schon gesehen?